Für einen Zusammenbruch habe ich keine Zeit
Einleitung
Wahrscheinlich kennt ihn jeder. Den einen Mitarbeiter, der scheinbar rund um die Uhr verfügbar ist und sich für das Unternehmen einsetzt. Der auch am Sonntagabend noch Mails schreibt, selbst im Urlaub verfügbar ist. Der vermeintlich jeden Tag die Extra-Meile geht.
Warum das nicht gut ist und welche Folgen es haben kann, beleuchte ich in diesem Blogbeitrag.
Wenn man die Zukunft voraussagen kann
Damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich bin der Letzte, der zu Einsatzbereitschaft und auch Mehrarbeit nein sagt. Die Arbeit muss getan werden, wenn diese da ist. Wenn Mehrbelastung jedoch zu Überlastung wird und zu viel Ehrgeiz das Risiko birgt, in einem Burnout zu enden, dann ist Zeit zu handeln.
Ein Monteur für Drehmaschinen sagte einmal einen Satz zu mir, der hängen geblieben ist:
„Die Maschine nimmt sich eine Auszeit.“
„Entweder durch regelmäßige Wartung oder einen Defekt.“
Jetzt bin ich kein Monteur für Drehmaschinen, möchte diesen Satz jedoch auf die Belegschaft eines jeden Unternehmens anwenden. Ein Mitarbeiter ist erst recht keine Maschine. Und kein Mitarbeiter kann ohne Pause 24/7 funktionieren. Wird dies trotzdem versucht, kann in dem Fall wirklich die Zukunft vorausgesagt werden. Denn dann wird früher oder später der Totalausfall erfolgen.
Hustle-Culture gegen Work-Life-Balance
Die Überschrift ist ernst gemeint. Denn gefühlt sind das die beiden Fälle, die aktuell noch vorherrschen. Dazwischen gibt es nichts mehr.
Auf der einen Seite sind die, die rund um die Uhr arbeiten. Auf der anderen Seite die, die für möglichst wenig Arbeit möglichst viel Geld wollen.
Das ganze mischen wir dann noch mit irgendwelchen neumodischen Begriffen, für die jeder eine andere Definition hat. Und schon ist das Chaos vorprogrammiert.
Ich frage mich, wo das Mittelfeld geblieben ist? Arbeitnehmer, die Ihren Job begeistert ausführen, am besten mit intrinsischer Motivation, ohne sich dabei zugrunde zu arbeiten. Und Arbeitgeber, die in Ihren Mitarbeitern keine Maschinen, sondern Menschen sehen. Die nebenbei bemerkt, den Laden am Laufen halten. Der Chef kann die Arbeit nämlich nicht selbst ausführen.
Auf der einen Seite ist das jetzt eventuell etwas überspitzt dargestellt. Auf der anderen Seite kenne ich Unternehmer und Führungskräfte, die Ihre Belegschaft als Verschleißteile betrachten. Und sobald das Verschleißteil verschlissen ist, wird es ersetzt. Mehr als einmal habe ich mir von einer Führungskraft den Satz anhören müssen:
„Glaubt bloß nicht, dass wir euch brauchen.“
„Wenn Ihr weg seid, hole ich mir halt einen Flüchtling von der Straße.“
Die Dosis macht das Gift
Wie so oft kommt es auf die Dosis an. Mehrarbeit, weil gerade viel zu tun ist, stellt noch kein Problem dar. Wenn Mehrarbeit jedoch normal wird, sind Probleme vorprogrammiert. Ein Mitarbeiter, der jede Woche 10 oder mehr Überstunden leistet, ist nicht engagiert, sondern überlastet. In dem Fall muss eine Lösung her. Diese kann nur so aussehen, dass mehr Personal eingestellt wird.
Und ich kann sie bereits hören, die Stimmen von empörten Geschäftsführern und Selbstständigen. Dass es keine Mitarbeiter mehr gibt, das früher auch normal gewesen ist und überhaupt man sich mal nicht so anstellen soll.
Dazu möchte ich ein paar Dinge anmerken. Der Fachkräftemangel ist natürlich auch mir bekannt. Den streite ich auch gar nicht ab. Das große Problem ist jedoch, dass die Einstellung vieler Mitarbeiter inzwischen eine andere ist. Gerade GEN Z fordert inzwischen Dinge ein, die die Generationen vorher sich einfach nicht getraut haben.
Also einfach darauf zu pochen, dass es früher bereits so gewesen ist, bringt niemanden weiter. Das ruft innerliche Kündigungen hervor, die früher oder später in reale Kündigungen umgewandelt werden.
Es führt kein Weg mehr daran vorbei, die Bedingungen für die Belegschaft zu verbessern. Wünsche und Anregungen dieser zu berücksichtigen und soweit möglich zu realisieren.
Wenn wir schon nicht an der Mehrarbeit vorbeikommen, dann wenigstens mit Wertschätzung und Anerkennung. Es muss sich für den Mitarbeiter positiv bemerkbar machen, wenn mehr Arbeit geleistet wird. Prämien, zusätzlicher Urlaub oder sonstige Privilegien sind das Mindeste.
Wenn noch nicht einmal das gewährleistet ist, dann garantiere ich, dass die Belegschaft nicht im Unternehmen bleibt.
Fazit
Das Thema ist sehr komplex und vielschichtig. Auf der einen Seite die Mitarbeiter, die sich freiwillig überlasten, auf der anderen Seite vorgesetzte, die dies aktiv einfordern.
Für beide Fälle gilt, das ist nicht zielführend. Eine Überlastung durch Mehrbelastung ist im Arbeitsalltag zu vermeiden. Ansonsten setzt sich eine Negativspirale in Gang, die sehr schnell nicht mehr zu stoppen ist.
Auch wenn das viele „Alte Hasen“ jetzt nicht hören wollen, nur weil es früher funktioniert hat, bedeutet das nicht, dass es heute auch noch funktioniert.
So verbleibe ich mit entspannten Grüßen
Ihr
Christian Milerski