DU WIRST NIE GANZ DAZUGEHÖREN
EINLEITUNG
Wir alle haben schon einmal die Aussage gehört, dass man nach der Ausbildung den Arbeitgeber wechseln soll. Ansonsten würde man immer die oder der Auszubildende bleiben. Diese Ansicht, die auch im Jahr 2024 noch aktuell ist und Anwendung findet, gehört abgeschafft. Warum ich das so sehe, beleuchte ich in diesem Blogbeitrag.
DA STECKT ARBEIT DRIN
Eine Ausbildung zu absolvieren ist mit Aufwand und Kosten verbunden. Die oder der Auszubildende muss die Zeit durchhalten, Fleiß und Arbeit investieren, um das Ziel, das Bestehen der Abschlussprüfung, zu erreichen. Der Ausbildungsbetrieb muss entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen. Personal, Maschinen, Hard- und Software, etc.
Jeder, der eine Ausbildung absolviert hat, weiß, wovon ich spreche. Und wer sich eventuell selbst neben dem Tagesgeschäft um Auszubildende kümmert, kennt den damit verbundenen Aufwand.
Und erst einmal stellt das auch niemand infrage. Mein Ausbilder sagte einmal zu mir:
“Du bist nicht hier, weil du schon alles weißt, sondern weil du es lernen sollst”.
Der Nachwuchs bildet sich halt nicht von selbst aus und muss die entsprechenden Fähigkeiten von irgendwem lernen. Mir fehlt der Vergleich zu dem in Deutschland etablierten Ausbildungssystem, kann aber aus eigener Erfahrung sagen, ich finde es gut. Die Mischung aus Betrieb und Berufsschule empfinde ich als sinnvoll. Auch überbetriebliche Lehrgänge in Lehrwerkstätten etc. finde ich klasse.
Also alles gut, und nichts zu meckern? Nun, nicht ganz. Was mich stört, erläutere ich im nächsten Abschnitt.
DU WIRST NIE GANZ DAZU GEHÖREN
Das ganz große Problem sehe ich darin, dass Azubis nach der Ausbildung teilweise immer noch wie Azubis behandelt werden. Die Ausbildung wurde erfolgreich abgeschlossen und damit bewiesen, dass die notwendige Leistung erbracht wurde. Natürlich wächst Erfahrung nicht auf Bäumen, diese muss jeder selbst machen. Jedoch werde ich nie verstehen, warum so manch einer nach der Ausbildung erst den Arbeitgeber wechseln muss, um von jedem als Facharbeiter anerkannt zu werden.
Schließlich fahre ich ja nach bestandener Führerscheinprüfung auch nicht mehr mit dem Schild “Fahrschule” am Auto umher.
Warum also der jungen Facharbeiterin, dem jungen Facharbeiter, nicht das Gefühl geben, es geschafft zu haben? Es geht mir ausdrücklich nicht darum, jemanden kleiner zu machen, als er ist. Natürlich ist es beachtenswert, wenn jemand Jahre oder Jahrzehnte an Berufserfahrung nachweisen kann. Jedoch ist Respekt keine Einbahnstraße, und sollte in beide Richtungen gehen.
Spätestens seit dem anhaltenden Fachkräftemangel gehe ich sogar so weit, dass es dem Unternehmen schadet, der nächsten Generation keinen Respekt entgegenzubringen. Zumal nach der Ausbildung jemand definitiv in die Betriebsabläufe eingearbeitet und sofort leistungsfähig ist. Demjenigen jetzt das Gefühl zugeben, du wirst nie ganz dazu gehören, sorgt im schlimmsten Fall für Fluktuation. Wobei niemand weiß, wann die nun freigewordene Stelle wieder besetzt werden kann.
Im Sinne des Unternehmens sollten diese kleinen, seit Jahrzehnten etablierten Machtspielchen also dringendst abgelegt werden. Dem Fachkräftemangel kann man dadurch ein Stück weit entgegenwirken. Zudem ist es für ein gutes Betriebsklima förderlich.
Last but not least bin ich als Jungfacharbeiter deutlich mehr bemüht, mich weiterzuentwickeln, wenn ich das Gefühl habe, dazuzugehören. Und mir nicht ständig, wie das fünfte Rad am Wagen vorkomme.
FAZIT
Einer jungen Facharbeiterin oder einem jungen Facharbeiter das Gefühl zu geben, dazuzugehören, senkt die Fluktuation und steigert das Betriebsklima. Spätestens seit dem andauernden Fachkräftemangel sollten Machtspielchen gegenüber jüngeren Mitgliedern der Belegschaft der Vergangenheit angehören. Einmal vergrault, finden diese zügig eine neue Anstellung. Die Frage ist, wie schnell der nun freigewordene Arbeitsplatz wieder besetzt werden kann.